Die neue Verbraucherstreitbeilegung

Was Unternehmer und Verbraucher jetzt wissen müssen

Im Frühjahr dieses Jahres hat der Gesetzgeber ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) erlassen. Grundlage ist eine Richtlinie der EU, die vorschreibt, dass in allen Mitgliedsstaaten ein flächendeckendes Netz von Schlichtungsstellen zu errichten ist.

Durch die Richtlinie und das VSBG sollte daher sichergestellt werden, dass es überall und für nahezu alle Verbraucherverträge anerkannte Einrichtungen gibt, die ein Streitbeilegungsverfahren mit vorgegebenen Standards anbieten.

Darin erschöpft sich im Wesentlichen der Regelungsgehalt dieser Normen. Sie begründen keinen Zwang, die VS-Stellen in Anspruch zu nehmen.

Auch für den Unternehmer ist die Teilnahme am VS-Verfahren freiwillig.

Ab 01.02.2017 bestehen besondere Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Dieses unterscheidet Kategorien von Unternehmer:

  1. Unternehmer mit mehr als 10 Beschäftigten müssen, wenn sie eine Webseite unterhalten oder AGBs verwenden, dort angeben, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an einem VS-Verfahren teilzunehmen. Dies könnte z.B. lauten:
    „Bei Streitwerten über ……… € sind wir zur Durchführung eines Vermittlungsverfahrens vor der Verbraucherschlichtungsstelle .… bereit. In anderen Fällen können sich unsere Kunden an die Beschwerde- / Ombudsstelle …. wenden. Die Vermittlungsverfahren sind für den Kunden kostenfrei. Die Verjährung etwaiger Ansprüche ist während der Dauer des Verfahrens gehemmt. Sollte es dort zu keiner Einigung kommen, steht der Rechtsweg offen.“
  1. Unternehmer, die Online-Verträge abschließen, müssen nach einer besonderen EU-Verordnung, die bereits seit 09.01.2016 gilt, auf ihren Webseiten einen Link zur Europäischen Online-Schlichtungs-Plattform einstellen und ihre E-Mail-Adressen angeben.
  1. Unternehmer, die auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme an VS-Verfahren verpflichtet sind, müssen auf ihren Webseiten und in ihren AGB auf die zuständige VS-Stelle hinweisen. Eine solche Verpflichtung besteht derzeit für Energieversorgungs- und Luftfahrtunternehmen.
  1. Alle Unternehmer (vom Gastwirt bis zum großen Reiseunternehmer oder Wohnungsvermieter) treffen dann (ggfs. zusätzlich) umfassende Hinweispflichten, wenn eine Streitigkeit mit einem Verbraucher nicht beigelegt werden konnte, sei es dass der Anspruch zurückgewiesen oder ein Regulierungsangebot des Unternehmers abgelehnt wurde. Der Unternehmer muss dann den Kunden auf eine für ihn zuständige VS-Stelle, mit Angabe von Anschrift und Webseite, hinweisen, unabhängig davon, ob er zu einem Verfahren bei dieser Stelle bereit ist. Zugleich muss er dem Kunden mitteilen, ob er zur Teilnahme bereit oder sogar verpflichtet ist (z.B. durch AGB oder Angebot in der Werbung).

Das VS-Verfahren ist nach dem Gesetz für den Verbraucher kostenfrei (von einer geringen Missbrauchsgebühr abgesehen). Sofern die Kosten der Schlichtungsstelle nicht von dritter Seite, z.B. einem Verband, getragen werden, fallen sie immer (!) dem schlichtungsbereiten Unternehmer zur Last.

Keine Partei ist gehindert, nach dem Schlichtungsverfahren noch zu klagen, mit weiteren Kosten. Finanziell betrachtet rechnet sich das VS-Verfahren für den Unternehmer damit nur, wenn die Beteiligten dazu bereit erscheinen und die Stelle selbst gut arbeitet.

Bei der Hinweispflicht nach Entstehen der Streitigkeit muss der Unternehmer entscheiden. Ggf. kann er auch hier eine andere Form der Konfliktlösung anbieten, z.B. ein Schiedsgutachen.

Bei Unterlassen der gesetzlich vorbeschriebenen Hinweise, riskiert der Unternehmer nicht nur Abmahnungen und Unterlassungsklagen von Verbraucherverbänden, sondern auch den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist.

Verbrauchern bringt die Neuregelung nur Vorteile: Sie können sich z.B. ihren Vertragspartner nach einer verlautbarten Schlichtungsbereitschaft aussuchen und im Konflikt das kostenfreie VS-Verfahren in Anspruch nehmen, wenn sie ihr Begehren zuvor hinreichend geltend gemacht haben. Andernfalls kann die VS-Stelle ihren Antrag ablehnen. Unklar ist bislang, ob dieses vorgeschaltete Verfahren beim Unterliegen des Verbrauchers im Prozess kostenmäßig diesem anzulasten ist, ähnlich dem Schlichtungsverfahren nach den entsprechenden Landesgesetzen, insbes. bei Nachbarstreitigkeiten, oder sich dies auf die gesetzlich genannten Missbrauchsfälle beschränkt.

Allerdings regelt das VSBG die Verbraucherstreitbeilegung nicht exklusiv. Es ist den Unternehmern unbenommen, für die Behandlung von Verbraucherkonflikten andere Wege zu beschreiten.

Fazit: Sowohl bei der Vertragsgestaltung (auch in notariellen Verträgen) als auch bei der Konfliktberatung müssen die Vorschriften des VSBG beachtet werden. So wird z.B. der Notar beim Vertrag über den Kauf einer Eigentumswohnung auf Vereinbarungen über die Form einer etwaigen Konfliktbehandlung hinzuwirken haben, und der Rechtsanwalt, der einen gegen den Unternehmer erhobenen Anspruch abwehren soll, über diese Möglichkeit zu beraten haben.